Seit Anfang des Jahres haben Blogger die Möglichkeit, ihrer Website mit der .blog-Domain den letzten Schliff zu verleihen. Wird das neue Internetkürzel der Blogger-Gemeinde neuen Aufwind geben?
Endlich hat die Blogger-Szene ihre eigene Domain-Endung. Durch eine Rekordsumme von 30 Millionen US-Dollar hat die Versteigerung der .blog-Endung Anfang des Jahres auf sich aufmerksam gemacht. Die Rechte für das beliebte Internetkürzel gingen an das Unternehmen Primer Nivel, das vom kubanischen Unternehmer Gerardo Aristizabal in Panama eigens für die Bewerbung um die Domain-Endungen .blog, .news und .legal gegründet wurde. Mittlerweile steht .blog über Internetdienstleister wie 1&1 auch deutschen Internetnutzern zur Verfügung. Die Branche ist zuversichtlich, dass sich die Investition lohnen wird. Auch wenn der Blogging-Hype der Jahrtausendwende vorbei ist, publizieren deutschlandweit immer noch 50.000 Internetnutzer eigene Gedanken in Online-Tagebüchern.
Vor fünfzehn Jahren war das World Wide Web dagegen noch ein Sammelbecken für relativ wenige Menschen mit Pioniergeist und Gestaltungswillen. Wer etwas zu sagen hatte, unterhielt ein eigenes Weblog und bereicherte die Netzgemeinde mit regelmäßigen Beiträgen. Heute zeigt das Internet ein differenzierteres Bild. Statt ausschließlich auf Blogs findet ein Meinungsaustausch vermehrt auch auf anderen Plattformen statt – zum Beispiel sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter. Mit mehr als einer Milliarde Nutzern am Tag vernetzt die Social-Media-Plattform aus Kalifornien nahezu die gesamte westliche Welt und passt sich dabei kontinuierlich an die Ansprüche der Nutzer an. Waren Facebook-Posts im Jahr 2009 noch auf 160 Zeichen begrenzt, liegt das Limit heute bei 60.000. Das genügt für alles, vom Statement bis zur Kurzgeschichte.
Eine weitere interessante Neuerung gegenüber der guten, alten Blogger-Szene, in der Gedanken und Gefühle mit so vielen Worten wie nötig ausgedrückt worden sind, ist die Nutzung von Bildern. Erfolgte der Austausch über Hobbys, Interessen oder Einkaufstipps früher schriftlich, kommen heute vor allem Bildernetzwerke wie Pinterest, Flickr oder Instagram zum Einsatz. Statt sich vier Absätze für einen Blogeintrag einfallen zu lassen, posten besonders junge Internetnutzer immer öfter lieber ein Selfie auf ihrer virtuellen Pinnwand – garniert mit einem Einzeiler und der obligatorischen Verschlagwortung in Form von Hashtags.
Aber auch audiovisuelle Medien haben sich heute an die Seite von Blogs und soziale Medien gesellt. Video-Communitys wie YouTube oder Vimeo genießen bei jungen Leuten ein großes Ansehen. YouTuber avancieren zu Superstars. Wie kein anderes Medium bringen YouTube-Formate wie Let’s-Plays, Hauls, Make-up-Tutorials oder Unboxing-Videos Werbeinteressen der Industrie mit dem Unterhaltungsanspruch der Rezipienten unter einen Hut und bescheren den Machern einen wahren Geldsegen. Und dennoch lebt das Internet nach wie vor von Menschen, die Digicam und Schnittprogramm beiseitelassen und sich ihrer Tastatur widmen. Denn manche Gedanken lassen sich nicht in einem Bild einfangen und manches Gedicht lässt sich mit den Augen besser aufnehmen als mit den Ohren – so dass erst die eigene innere Stimme es erklingen lässt. (Lucas Frenzel 08/2015)