Die jahrzehntelange Erfahrung im Kampf gegen die allsommerliche Massenvermehrung der Stechmücken entlang des Oberrheins soll in Zukunft dazu beitragen, die Ausbreitung der Malaria in Westafrika einzudämmen. Das Institut für Public Health am Universitätsklinikum Heidelberg und die Kommunale Arbeitsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (KABS) e.V., die weltweit Programme zur Stechmückenbekämpfung unterstützt, haben nun mit dem Forschungszentrum in Nouna, Burkina Faso, ein entsprechendes wissenschaftliches Projekt gestartet.
Zum Einsatz kommt das biologische Larvenvernichtungsmittel BTI, das sich im Rhein-Neckar-Raum seit Jahren bewährt hat. Neue, auf Satellitenbildern basierende Risikokarten erlauben die gezielte und sparsame Anwendung des Mittels. Die Manfred Lautenschläger-Stiftung finanziert das innovative und umweltschonende Projekt in den kommenden zwei Jahren mit rund 425.000 Euro.
„Das Projekt kann zu einem Quantensprung für die Malariabekämpfung werden. Dabei freut mich besonders, dass wissenschaftliche Forschung aus unserer Region auch der Gesundheit der Menschen in Burkina Faso zugute kommt“, sagt Dr. h.c. Manfred Lautenschläger, Vorsitzender der Manfred Lautenschläger-Stiftung und Gründer des unabhängigen Finanz- und Vermögensberaters MLP.
Larven im Brutgewässer leichter zu bekämpfen als mobile Moskitos
Die in der Malariabekämpfung neue Strategie ist Teil des „Roll Back Malaria“-Programms der Weltgesundheitsorganisation. „Das Projekt ist der gelungene Transfer einer Technik, die entlang des Rheins seit vielen Jahren großflächig und routinemäßig eingesetzt wird. Die Methode ist effektiv, sicher und unbedenklich für Mensch und Umwelt“, erklärt Projektleiter Professor Dr. Rainer Sauerborn, Direktor des Instituts für Public Health am Universitätsklinikum Heidelberg. Ziel ist es, die in Burkina Faso etablierten Methoden zur Bekämpfung der Malaria zu ergänzen und zu unterstützen. Moskitonetze und der Einsatz von Insektiziden wie DDT schützen die Menschen in ihren Häusern vor den Mücken, eine möglichst frühe Behandlung Infizierter dämmt die weitere Ausbreitung der Malaria ein. Die neue Strategie dagegen verhindert bereits im Vorfeld, dass sich in den Brutgewässern kaum beherrschbare Moskitoschwärme entwickeln. Weniger Moskitos bedeuten auch eine geringere Infektionsgefahr.
Zum Einsatz kommt am Rhein wie auch in Burkina Faso das biologische Larvenvernichtungsmittel BTI, ein Eiweiß aus dem Bodenbakterium „Bacillus thuringiensis israelensis“, das fast ausschließlich Larven von Stechmücken abtötet. „Im Gegensatz zu vielen anderen Insektiziden ist es für Menschen, andere Tiere und Pflanzen unschädlich und, da es bereits nach wenigen Stunden im Gewässer abgebaut wird, sehr umweltverträglich“, erklärt Professor Dr. Norbert Becker, Wissenschaftlicher Leiter der KABS. Im Laufe des mehr als dreißigjährigen Einsatzes am Rhein haben sich noch keine Resistenzen gegen dieses Mittel entwickelt. Wichtig für den Einsatz in Afrika ist außerdem die einfache Handhabung: „Das Eiweiß wird in Wasser gelöst und von den Uferbereichen bzw. vom Boot aus in die Gewässer gespritzt“, so der Biologe.
Gezielte Behandlung besonders stark befallener Brutgewässer spart Kosten
In sehr geringem Umfang findet das Mittel in Afrika bereits Verwendung; eine flächendeckende Behandlung aller stehenden Gewässer und Tümpel in der Nähe von Siedlungen ist allerdings teuer und für die Gemeinden in westafrikanischen Ländern nicht bezahlbar. Ein Team des Instituts für Public Health entwickelte daher zusammen mit Spezialisten für Fernerkundung des französischen Raumforschungszentrums CNES (Centre des Etudes Spatiales) ein Verfahren, um anhand von Satellitenbildern die von Moskitos bevorzugten Brutstätten ausfindig zu machen. Diese Gewässer, die bestimmte Ansprüche der Mücken an Ufervegetation, Lage und Wassertiefe erfüllen, können dann während der viermonatigen Regenzeit zwischen Juni und September gezielt und regelmäßig behandelt werden. Die Risikokarten haben sich in einem vorangegangenen Projekt des Heidelberger Teams bereits als zuverlässig und brauchbar erwiesen.
„Diese sehr selektive Anwendung des Larvengiftes ist ein Novum in der Malariabekämpfung“, so Sauerborn. „In Kombination mit den Risikokarten sind die Behandlungen mit rund 15 US-Dollar pro Distrikt zudem relativ günstig, wie erste Tests in Benin gezeigt haben.“ Das Projekt soll nun in einem großen Modelldistrikt um die Stadt Nouna zeigen, ob die neue Methode die Erwartungen erfüllt, die Anzahl der Malaria-Infizierten senkt, die Mückenbekämpfung erleichtert und zudem Kosten für die Gesundheitssysteme spart. (idw – med. uni-heidelberg 08/2013)